Die Karwoche in der Region Madrid, die Tradition ist lebendiger denn je
8 April, 2025Die Karwoche -auf Spanisch Semana Santa-, die in diesem Jahr vom Freitag, den 11. April, bis zum Ostersonntag am 20. April dauert, erinnert an das Leiden, den Tod und die Auferstehung Jesu Christi. In fast allen Orten der Region Madrid finden besondere Feierlichkeiten statt, die die tief in der Kultur verwurzelten Traditionen aufgreifen. Sowohl tagsüber als auch nachts füllen sich die Straßen mit der Musik der Trommler und Hornbläser, der Farbenpracht der Blumen und der bunten Gewänder der Nazarener, mit Kerzenlicht und Weihrauchduft, mit kunstvollen religiösen Skulpturen und gefühlvollen traditionellen Gesängen und einer ehrfürchtigen Menschenmenge, die sich vollkommen still verhält. All dies schafft eine magische Atmosphäre, die Einheimische und Fremde gleichermaßen bewegt.
In ihren kulturellen und traditionellen Ausdrucksformen vereinen die Feierlichkeiten in der Region Madrid wesentliche Merkmale der kastilischen Strenge und Besinnlichkeit sowie der religiösen Inbrunst und der Verehrung traditioneller Bildnisse. Hier werden auch die Handwerksberufe gewürdigt, die die Plattformen mit religiösen Szenen -auf Spanisch Pasos-, die Bildnisse, die Textilien und die damit verbundenen Gegenstände zum Leben erwecken. All dies geschieht unter der Leitung von Bruderschaften und Laienbruderschaften, die Hauptakteure dieser Feierlichkeiten sind. Als Bindeglieder zur Tradition vermitteln sie starke identitätsstiftende und partizipative Werte.

In zwei Städten in der Region Madrid wurden die Feiern zur Karwoche aufgrund ihres besonderen Reizes und ihrer Einzigartigkeit zu Festen von Nationalem Touristischem Interesse erklärt: die Feste in Alcalá de Henares und Chinchón. Als von Regionalem Touristischem Interesse gelten die Feierlichkeiten in Carabaña, Daganzo de Arriba, Móstoles, Morata de Tajuña, Parla, San Lorenzo de El Escorial, Torrejón de Ardoz und Villarejo de Salvanés.
Die Semana Santa in Alcalá de Henares
In der Zeit zwischen dem Freitag vor dem Palmsonntag und dem Ostersonntag wird in Alcalá de Henares eine der einzigartigsten Karwochen der Region gefeiert. Im historischen Zentrum dieser Stadt, die zum UNESCO-Weltkulturerbe gehört, vereinen sich Volksfrömmigkeit und künstlerische Schönheit zu einem einzigartigen Schauspiel. Acht Bruderschaften lassen diese Tradition aus dem 16. Jahrhundert wieder aufleben und versetzen uns zurück in das Goldene Zeitalter dieser alten Universitätsstadt. Die Tradition wird durch den 4. Wettbewerb zur Verschönerung von Balkonen und Schaufenstern ergänzt, um den Charme der Straßen während der Feierlichkeiten zu unterstreichen. Zugleich findet in mehreren religiösen Stätten ein Zyklus von Konzerten geistlicher Musik statt.
Die Passion in Chinchón
Die Passion ist eine Darstellung des Leidens und Sterbens Christi, die hier als lebendiges Schauspiel von den Einwohnern der Gemeinde aufgeführt wird. Dieser Brauch entstand im Jahr 1963, um die Tradition der „Autos sacramentales“ (religiöse Dramen) wieder aufleben zu lassen, die eng mit der Geschichte von Chinchón verbunden ist. Mittlerweile nehmen mehr als 300 Einwohner des Ortes an der Darstellung des Kreuzweges teil – es handelt sich damit um die älteste Via Crucis der Region Madrid und eine der ältesten in ganz Spaniens. Das religiöse Schauspiel findet jedes Jahr am Karsamstag bei Einbruch der Dunkelheit statt. Die Dorfbewohner versammeln sich an den speziell ausgewählten Orten, an denen die verschiedenen Szenen dargestellt werden. Ein großes volkstümliches Spektakel des Glaubens, das die Straßen und Plätze mit Licht und Klang erfüllt. Besucher können sich anhand einer besonderen Ausstellung mit diesem Brauch vertraut machen: in der Kapelle Ermita de la Misericordia in der Gemeinde sind in diesen Tagen Fotos, Kostüme und Utensilien, die bei der Darstellung verwendet werden, zu sehen.
Christus-Passionen von Regionalem Touristischem Interesse
In der Ortschaft Carabaña lassen seit 1988 mehr als 200 Einwohner die bedeutendsten Momente der Karwoche in der Passion Christi wieder aufleben. Die Darstellung bietet jedes Jahr am Karfreitag ein einzigartiges emotionales Erlebnis für alle Besucher. Besucher, die in diesen Tagen nach Daganzo de Arriba kommen, können auf besonders immersive Weise in die Leidensgeschichte, die seit 1986 nachgestellt wird, eintauchen: Von der Mitte des Ortsplatzes -Plaza de la Villa- aus hat man einen 360-Grad-Rundumblick auf alle Szenen, die die letzten Tage im Leben Jesu darstellen.

Das sind bei Weitem noch nicht alle Passionsspiele, die in diesen Tagen aufgeführt werden. Seit 1987 stellt man am Gründonnerstag auch in Morata de Tajuña das Leiden, den Tod und die Auferstehung Jesu dar. Auf 11 Bühnen, die über den gesamten Ort verteilt sind, sorgen 450 Personen für Momente großer Emotionen. Parallel dazu bietet dieser Tag verschiedene weitere Attraktionen, wie zum Beispiel den traditionellen hebräischen Handwerksmarkt, die typischen Süßigkeiten „Pasioncitos“ sowie Konzerte geistiger Musik und Darbietungen der städtischen Musikkapelle von Morata sowie des Musikvereins.
Die Passion in Villarejo de Salvanés wiederum wurde 1980 auf Initiative einer Gruppe von Anwohnern ins Leben gerufen. Seitdem ist sie zu einem der herausragenden Ereignisse der Karwoche in der Region Madrid geworden. Jedes Jahr nehmen mehr als hundert Einwohner an dieser bewegenden Aufführung im kunsthistorisch interessanten Viertel dieser Ortschaft teil.
Weitere Feiern von Regionalem Touristischen Interesse
In San Lorenzo de El Escorial halten sieben Bruderschaften mit den Prozessionen „El Entierro“ (die Grablegung) und „El Silencio“ (die Stille – hier hört man als einziges Geräusch das der Trommeln) eine Tradition aufrecht, die bis in die Zeit Philipps II. zurückreicht. Diese beiden sind die wichtigsten der insgesamt elf Umzüge. Parallel zu den Prozessionen finden in den Kirchen Osterkonzerte sowie im Auditorium von San Lorenzo Konzertzyklen statt.

Die Gestaltung der Karwoche in Torrejón de Ardoz geht ebenfalls auf das 16. Jahrhundert zurück. Sie zeichnet sich insbesondere durch die künstlerische Qualität der barocken Schnitzereien aus, die in der Darstellung der religiösen Szenen zu sehen sind. Die bekannteste von allen ist „El Calvario“ (der Kalvarienberg) mit den Figuren Christus und der Jungfrau Maria, die der Schule von Gregorio Fernández zugeschrieben werden. Eine weitere Kuriosität ist die Darstellung des letzten Abendmahls „Santa Cena“, die von Kindern aus der Gemeinde getragen wird.
Die Semana Santa in der Stadt Madrid
In der Hauptstadt Madrid werden das Leiden und der Tod Jesu Christi mit großer Hingabe gefeiert. Die Bruderschaften tragen die Heiligenfiguren, die sie das ganze Jahr über für diesen großen Anlass vorbereitet haben, durch die Straßen. Die Musik der Trommeln und Trompeten, die farbenfrohen Gewänder der Mitglieder der Bruderschaften sowie die Blumen, mit denen die Prozessionswagen geschmückt sind, schaffen auch in Madrid die für die Karwoche typische Atmosphäre. In diesem Jahr führen die Prozessionen im Zentrum auch wieder über die Puerta del Sol.

Bei den Prozessionen werden die kostbaren Bilder, die den Rest des Jahres in verschiedenen Basiliken und Kirchen aufbewahrt werden, durch bekannte Straßen wie den Paseo del Prado, die Calle Alcalá oder über die Plaza Mayor getragen. Die Plattformen werden von Trägern der verschiedenen Bruderschaften getragen und von Dutzenden von Nazarenern begleitet.
Die Feierlichkeiten enden am Ostersonntag, in diesem Jahr am 20. April, mit der traditionellen „Tamborrada Maña“ auf der Plaza Mayor. Hier beginnt ein Umzug zum Klang von Trommeln und Pauken, die von zahlreichen Mitgliedern der Bruderschaften geschlagen werden.
Geistliche Musik
Bei den Prozessionen, die durch das Stadtzentrum ziehen, findet die religiöse Verehrung ihren höchsten Ausdruck, aber es gibt noch andere kulturelle Veranstaltungen. In Kirchen und Basiliken finden Konzerte mit geistlicher Musik statt, zum Beispiel die 17. Ausgabe des Zyklus für Orgelmusik in der berühmten Königlichen Pfarrkirche San Ginés, deren Ursprünge bis ins 12. Jahrhundert zurückreichen. In der Päpstlichen Basilika San Miguel findet ein Konzert mit religiösen Werken statt, und am Gründonnerstag und Karfreitag kann man im Garten des Lope-de-Vega-Museums den besten Interpreten der religiösen Saeta-Gesänge lauschen.
Die kulinarische Seite der Osterzeit
Ostern ist auch die Zeit der besonderen kulinarischen Leckereien, die dazu beitragen, diese Feierlichkeiten noch intensiver zu erleben. Denn man kann die Karwoche nicht in vollen Zügen genießen, ohne in den besten Restaurants und Konditoreien einige ihrer repräsentativsten Gerichte mit einem einzigartigen traditionellen Touch zu probieren, wie den berühmten "Potaje de vigilia" (Eintopf zur Osternacht).

Zu den Leckereien, auf die man in der Osterzeit in Madrid nicht verzichten sollte, gehören zweifellos die Torrijas -Arme Ritter-, die in praktisch allen Konditoreien und Cafés der Dörfer und Städte erhältlich ist. Es gibt sogar eine Route, auf der man die besten Torrijas probieren kann! Aber es gibt noch viele andere Süßigkeiten, wie Buñuelos de Viento (Windbeutel), Pestiños und Rosquillas (süßes Gebäck) sowie Ostereier, die die Schaufenster der Geschäfte in der ganzen Region schmücken.
Die Region Madrid bietet zahlreiche Möglichkeiten, die Osterfeierlichkeiten wie ein Einheimischer zu erleben. Der Besucher muss sich „nur“ für eine entscheiden ... oder einfach alles mitmachen!